Vor der Bildung kommt die Bindung
Bildung ist der Schlüssel zur Freiheit. Doch vor der Bildung kommt die Bindung!
Im
Laufe des ersten Lebensjahres entwickelt ein Säugling eine emotionale
Bindung an seine Hauptbindungsperson. Diese Bindung sichert das
Überleben und die Entwicklung des Säuglings. Die Bindungsperson ist "der
sichere Hafen" für den Säugling (oder besser gesagt "Tragling" - die
Bindungsforschung definiert heute klar, dass Menschen zur Gattung der
Traglinge gehören). Die Erfahrung von Verlässlichkeit und
Fürsorglichkeit insbesondere während der ersten beiden Lebensjahre hat
immensen Einfluss auf die gesunde Weiterentwicklung des jungen
Menschen. Seit Menschengedenken markiert dieses sensible Zeitfenster
die Geburt des nächsten Kindes.
Während
in Deutschland und vielen anderen westlichen Nationen Kinder immer
früher fremd betreut werden, ist das Bewusstsein für die ursprünglichen
Bedürfnisse von Babys bei der gambischen Bevölkerung noch
selbstverständlich vorhanden.
Gambische Kleinkinder zu erleben ist immer wieder ein beeindruckendes Erlebnis: Sie sind in der Lage, ruhig und konzentriert den Anweisungen ihrer Eltern und Lehrer:innen zu folgen, sie warten selbstverständlich bis sie an der Reiehe sind, egal wie lange es dauert, sie sind unfassbar wissbegierig und hilfsbereit, unermüdlich üben sie die an sie gestellten Aufgaben ohne aufzugeben. Gleichzeitig sprühen sie vor Energie, rangeln miteinander und streiten um ein begehrtes Spielzeug wie alle anderen Kinder auf der Welt.
Gambische Mütter stillen ihre Babys und tragen sie im Tragetuch meist bis zur Geburt des nächsten Kindes. Was trägt darüber hinaus dazu bei, dass gambische Kinder umfassend ein Sozialverhalten entwickeln können, wie wir es uns für unsere deutschen Kinder vielfach wünschen? Was können wir von gambischen Familien über Bindung lernen?
Dieser Frage gilt mein ganz persönliches Interesse, der ich in den kommenden Jahren mithilfe der wunderbaren Möglichkeiten über unsere direkten Kontakte auf Augenhöhe zur gambsichen Bevölkerung nachgehen und in unser Land einbringen möchte.
Claudia Assmann-Bach, 1. Vorsitzende